In der jüngsten Thierseer Gemeinderatsitzung wurde eine drastische Erhöhung des Kindergartenentgeltes beschlossen. Für die tägliche, sechsstündige Besuchszeit eines Dreijährigen sind die Kosten im Hochtal z. B. viermal so hoch wie in der Schwoich.

Bisher kostete der Kindergarten in Thiersee für 3-Jährige bei einer täglichen Besuchszeit von 7 bis 13 Uhr € 56,40. Mit dem jüngsten Gemeinderatsbeschluss wurden die Gebühren mit Wirksamkeit ab September 2018 nun erhöht: Nun müssen Eltern für täglich vier Stunden € 70,-, fünf Stunden € 90,- und sechs Stunden gar € 120,- pro Monat berappen, dazu kommt noch ein Bastelbeitrag von € 10,- pro Kind und Monat.

Andere Gemeinden deutlich billiger
In den Nachbargemeinden ist das Entgelt viel niedriger angesetzt: in Schwoich € 30,-, in Niederndorf € 31,-, in Kufstein € 34,-, in Ebbs € 40,- sowie in Langkampfen € 47,- pro Monat. Der Gratiskindergarten (4- und 5-jährige Kinder) gilt gemäß der Vorgabe von Bund und Land für 20 Besuchsstunden pro Woche (täglich 8 bis 12 Uhr), für die tägliche fünfte- sowie sechste Stunde verlangen die oben genannten Gemeinden allerdings keinen Aufschlag. In Thiersee hingegen kostet die fünfte Stunde € 20,-, die sechste Stunde nochmal zusätzlich € 30,- monatlich - bisher waren die letzten beiden Kindergartenjahre in Thiersee für eine Besuchszeit von 7 bis 13 Uhr wie in den anderen Gemeinden kostenlos.

Gemeinderat steht hinter dem Beschluss
Trotz des Aufschreies einiger Eltern sowie einem Einspruch bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein steht der Gemeinderat lt. Bgm. Hannes Juffinger hinter dem Beschluss. Der Ortschef begründet die Gebührenerhöhung hauptsächlich mit den steigenden Personalkosten (z. B. vorgeschriebene Doppelbesetzung aller Kindergartengruppen). Weiters seien auch die Aufgaben bzw. Ausgaben der Gemeinden in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dazu komme noch die Lage sowie die Infrastruktur in der Gemeinde mit drei Kindergärten: „Die Kindergärten können aufgrund der Auslastung wirtschaftlich nicht optimal geführt werden. Wir wollen das jedoch für alle anbieten“, spricht Juffinger die vier verschiedenen Standorte an. Im kommenden Jahr gibt es in Vorderthiersee drei Kindergartengruppen mit je 17 Kindern, in Landl eine Gruppe mit 16 Kindern sowie in Hinterthiersee eine Gruppe mit 13 Kindern. In einer Gruppe dürfen maximal 22 Kinder gemeinsam betreut werden.

Aufregung bei den Eltern
Unverständlich ist diese enorme Kostensteigerung für die Eltern: „Die Gebühr hat sich bei meinem zweiten Kind um über € 700,- im Jahr erhöht“, so eine empörte Mutter.
„Natürlich steigen die Kosten für die Gemeinde, alles wird teurer. Aber ich finde es nicht richtig, einen so hohen Beitrag einzufordern. Die Gemeinde verlangt viel Geld von jenen, die gerade in der Existenzgründung sind. Außerdem fällt das Familieneinkommen aufgrund der Kinder oft geringer aus“, so Gemeinderätin Silvia Egerbacher-Lechner, die bei der Beschlussfassung als Einzige dagegenstimmte. Noch dazu bemängelt die Volksschullehrerin, dass sich die Familien auf diese exorbitante Entgelterhöhung nicht vorbereiten können. „Ein gewisser Beitrag ist kein Problem, aber das ist für viele Familien unzumutbar“, so Egerbacher-Lechner. Dies sieht Bgm. Hannes Juffinger anders: „Wir reden da von Zahlen, die keinen in den Ruin treiben.“
Ein weiterer Punkt, der den Eltern sauer aufstößt, ist die fehlende Information im Vorfeld: „Das Thema wurde totgeschwiegen, keiner hat etwas gewusst. Wir gehen davon aus, dass es so spät öffentlich gemacht wurde, damit keiner mehr Einspruch erheben kann.“ Dem entgegnet der Bürgermeister: „Das haben wir nicht nötig. Wir mussten aufgrund des Beschlusses noch ein Begleitschreiben sowie ein Erklärungsformular vorbereiten. Außerdem war noch genug Zeit für einen Einspruch.“

 „Erhöhung inakzeptabel“
Auch für SPÖ-Nationalrat Christian Kovacevic ist die Erhöhung der Kindergartengebühren in Thiersee inakzeptabel: „Die Handschrift der schwarzblauen Bundesregierung wird immer deutlicher. Beim Thema Kinderbetreuung geht Österreich gleich zwei Schritte zurück. Die Eltern in Thiersee dürfen teilweise mehr als das Doppelte bezahlen, in vielen Fällen über € 700,- pro Kind zusätzlich. Die Regierung kürzt in Zukunft auch noch die Mittel für Kinderbetreuung, anstatt sie zu erhöhen – und die Tiroler Landesregierung schaut tatenlos zu.“
ÖVP-Bürgermeister Hannes Juffinger sieht hingegen keinen Zusammenhang mit der Bundes- bzw. Landespolitik: „Wäre ich ein SPÖ-Bürgermeister oder Parteifrei, müsste ich genauso entscheiden. Es ist notwendig.“
Die Gemeinde Thiersee wendet für die Kinderbetreuung im Jahr 2018 € 435.000,- auf, dem stehen Einnahmen (Zuschüsse Bund/Land, Entgelte) von € 170.000,- gegenüber. Bgm. Hannes Juffinger rechnet durch die Entgelterhöhung mit jährlichen Mehreinnahmen von rund € 16.000,-.


Das Kindergartenentgelt in Thiersee wurde massiv erhöht. Für betroffene Eltern wird es teilweise mehr als doppelt so teuer.
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