Die Fachhochschule Kufstein Tirol plant die Errichtung eines weiteren Studentenheimes. Die Stadtpolitik befürwortet das Projekt, in der Standortfrage gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll in der Festungsstadt ein neues Heim für insgesamt 100 Studenten errichtet werden. „Der Bedarf ist da, wir könnten bereits zum jetzigen Zeitpunkt 100 Betten füllen. Der wichtigste Punkt ist es, den Studierenden günstige Wohnungen zur Verfügung zu stellen“, erkärt der Stiftungsvorstand-Geschäftsführer der FH Kufstein Tirol, Franz Mayer, über die Beweggründe.
Im Raum steht derzeit ein 4.300 m2 großes Grundstück, angrenzend an den Zeller Berg unweit vom Seniorenheim Zell. Im ersten Bauabschnitt sollen 100 Studenten, großteils in ca. 40 m2 großen Doppelstudios, untergebracht werden. In einer weiteren Bauphase könnten in rund zehn Jahren ebensoviele Betten am selben Standort entstehen. Das Grundstück soll von der Stadt an das 100-prozentige Tochterunternehmen, den Stadtwerken Kufstein, weiterverkauft werden. Diese sollen wiederum der FH Kufstein das Grundstück mit Baurecht verpachten - 50 Jahre lang mit der Option auf eine Verlängerung um 20 Jahre. Gebaut werden soll das Studentenheim schlussendlich von einem Wohnbauträger, der die Räumlichkeiten pauschal an die FH Kufstein weitervermietet. Nach zehn Jahren hat der Betreiber, die Fachhochschul Errichtungs- und BetriebsGmbH, dann die Möglichkeit, das Heim zu kaufen. Die Baukosten beziffert Dipl. Ing. (FH) Bernhard Eidherr, Geschäftsführer der Fachhochschul Errichtungs- und BetriebsGmbH, mit rund € 7,5 Mio.
Bei Bgm. Martin Krumschnabel stößt dieses Projekt auf große Zustimmung: „Ich sehe es als Aufgabe der Gemeinde, die Wohnungsproblematik in Kufstein aktiv anzugehen. Ob nunmehr hier durch einen gemeinnützigen Wohnbauträger Wohnungen errichtet werden oder ein Studentenheim, ist im Ergebnis beides für den verfolgten Zweck aus meiner Sicht hilfreich. Die Studenten decken auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt ihren Wohnbedarf und jede an Studenten vermietete Wohnung bedeutet natürlich eine Wohnung weniger für Kufsteiner Familien. Durch ein Studentenheim kann der Bedarf der Studenten diesbezüglich abgedeckt werden.“

Standort noch nicht geklärt
Die Fachhochschule hat eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, wobei sich dabei die Eignung dieses Grundstücks herausgestellt hat. In weiterer Folge wird nunmehr seitens der Stiftung ein entsprechender Antrag an die Stadt Kufstein eingebracht. Bei den Anrainern stößt das Projekt auf großen Widerstand: „Es ist ein Naherholungsgebiet und wird von Schulen und Kindergärten im Sommer wie im Winter genutzt. Es ist die einzige grüne Lunge, die wir noch haben“, so Anrainer Walter Thaler. Für den FPÖ-Stadtrat gebe es genügend alternative Standorte wie z. B. das Grundstück beim Kulturhaus, dem Kasernenareal oder auch beim Fischergries in der Nähe des Kabinentraktes beim Fußballplatz. In einem Schreiben an die Nachbarn warnen Christian Greiderer, Andreas Strasser sowie Walter Thaler vor den Auswirkungen hinsichtlich Lärm, Verkehrsaufkommen, Wohnwert sowie Naturschutz bzw. Naherholung für die Kinder. Der Zellerberg mitsamt Wiese diene seit über 50 Jahren als fester und unverzichtbarer Naherholungsbestandteil. „Es gibt keine Zufahrt. Die Straße müsste verbreitert und das Gelände teilweise abgegraben werden“, erläutert Thaler, der sich einen Park wünscht. Auch für den Vize-Bgm. Hannes Rauch ist der Standort nicht geeignet: „Die Idee eines weiteren Studentenheimes ist berechtigt und sinnvoll, aber über den Standort muss man noch reden. Ich habe für die Anrainer vollstes Verständnis.“ Der ÖVP-Mandatar bringt ebenfalls das Grundstück am Rand vom Fußballplatz ins Spiel und kann sich am geplanten Standort wie Thaler zukünftig eine eventuell nötige Altersheimerweiterung vorstellen. Für die Grünen-Gemeinderätin Victoria Da Costa ist der Standort ebenfalls ungeeignet: „Zahlreiche besorgte Bewohner aus dem Stadtteil Zell haben sich bei mir gemeldet, weil sie nicht glauben können, dass die Stadt Kufstein tatsächlich eine der letzten freien Flächen im Stadtteil Zell verbauen lassen will.“ Da Costa betont, dass sie grundsätzlich nichts gegen die Errichtung eines weiteren Studentenheims in Kufstein habe. „Aber der Standort muss passen. Und das ist hier defintiv nicht der Fall. Diese Fläche ist eine beliebte Rodelwiese und eines der wenigen Naherholungsgebiete, das von allen genutzt werden kann. Außerdem ist der Stadtteil jetzt schon verkehrsgeplagt“, argumentiert die Grüne Gemeinderätin. Bgm. Martin Krumschnabel sieht überhaupt keinen Grund, warum durch ein Wohnbauprojekt „auch nur irgendein Problem“ für die Bevölkerung auftreten sollte: „Ich verstehe natürlich, dass die Bewohner angrenzender Liegenschaften lieber vor der Haustür eine grüne Wiese hätten, als ein Bauwerk. Dies betrifft aber jegliches Bauvorhaben in unserer Stadt. Ich sehe aber aus heutiger Sicht und beim derzeitigen rudimentären Planungsstand weder ein Lärm- noch ein Verkehrsproblem für Zell.“ Der Stadtchef verweist auf das Raumordnungsgesetz sowie auf die Tiroler Bauordnung und sieht für die Nachbarschaft sogar den Vorteil, dass nur ein Bruchteil der Studenten über ein Fahrzeug verfüge. Laut Franz Mayer seien maximal 20 bis 25 Prozent der Studenten mit dem Auto unterwegs, dies glaubt Thaler jedoch nicht: „Diesen Blödsinn, dass die FH-Studenten keine Autos haben, kann man leicht widerlegen.“ SPÖ-GR Alexander Gfäller sieht in der Verkehrs- und Lärmbelastung weniger Probleme, ist aber grundsätzlich gegen den Verkauf öffentlichen Gutes, auch wenn es an die Stadtwerke Kufstein verkauft werden soll. GR Horst Steiner wird mit seiner Fraktion den Antrag prüfen, sobald dieser vorliege.
Für die Fachhochschule muss es nicht unbedingt der Standort Zell sein:  Als Alternative bringt Mayer ein zweites Grundstück, derzeit im Besitz der Diözese, ins Spiel. Auf dem gut 3.000 m2 großen Grundstück neben der Sparchener Kirche wäre allerdings nur Platz für 130 Studenten. „Wenn wir es uns wünschen können, ist es der Standort Zell. Da haben wir die Möglichkeit, zwei Abschnitte für je 100 Studenten zu bauen“, so Mayer. „Unser Ziel ist es - egal an wechem Standort - im Herbst 2021 bezugsfertig zu sein“, führt Eidherr abschließend aus.


Stadtrat und Anrainer Walter Thaler hält den Standort in Zell ungeeignet.