Zwei Kündigungswellen von über 50-Jährigen bei Coveris Flexibles Austria am Standort Langkampfen beschäftigten die Arbeitsrechtsprofis der AK Tirol. Acht Mitarbeiter wurden vertreten, jetzt liegt ein letzt-instanzliches Urteil für die über 50-jährigen Mitarbeiter vor, welches der AK Tirol erneut Recht gibt. War schon die erste Kündigungswelle rechtsunwirksam, so gilt das nun auch für die zweite. Trotzdem gibt das Unternehmen nicht auf: Derzeit läuft eine dritte Kündigungswelle und auch diese wird von der AK Tirol gerichtlich bekämpft.

Die erste Welle kam Ende September 2019. Zehn Mitarbeiter der Coveris Flexibles Austria GmbH erhielten die Kündigung, sieben davon waren über 50 – Mitarbeiter, die teils über 40 Jahre ohne Beanstandung im Unternehmen gearbeitet hatten.
Für die Arbeitsrechtsexperten der AK Tirol ein klarer Fall. Denn beabsichtigt der Arbeitgeber, innerhalb von 30 Tagen die Arbeitsverhältnisse von mindestens fünf Arbeitnehmern über 50 zu lösen, muss verpflichtend eine Meldung an das AMS erfolgen. Eine solche Meldung blieb in diesem Fall jedoch aus. Wird diese Kündigungsfrühwarnung aber unterlassen, sind die Kündigungen rechtsunwirksam. Das galt auch in diesem Fall, die AK klagte. Die Klagen der von der AK Tirol vertretenen über 50-jährigen Arbeitnehmer wurden daraufhin vom Arbeitgeber anerkannt, die Prozesskosten bezahlt. Damit war der Fall jedoch nicht erledigt.

Zweite Welle
Einen Monat später begann die zweite Kündigungswelle, diesmal in drei Tranchen (von 29. Oktober bis 23. Dezember 2019). Betroffen waren genau dieselben Mitarbeiter – auch jene, die über 50 Jahre alt waren – und die man Ende September unrechtmäßig gekündigt hatte. Die Kündigungen wurden diesmal zeitlich gestaffelt im Abstand von mehr als 30 Tagen ausgesprochen, und umgingen  so das AMS-Kündigungsfrühwarnsystem.
„So ein Umgang mit langjährigen Mitarbeitern und eine derartige Geringschätzung ist nicht zu dulden, aus diesem Grund ging die AK weiter gegen den Arbeitgeber vor“, so AK Präsident Erwin Zangerl. Schließlich erkannten zwei Senate des OLG Innsbruck, dass die seit 30. September 2019 erfolgten Kündigungen als ein einheitlicher Kündigungsvorgang zu betrachten und die Kündigungen nicht rechtswirksam sind. Ebenso wurde eine ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zugelassen.
Zu Ende war der Fall damit immer noch nicht: „Es war damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber eine außerordentliche Revision versuchen wird“, so Zangerl. Und diese außerordentliche Revision wurde nun vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 29. April zurückgewiesen. Damit steht nun rechtskräftig fest, dass auch die zweite Kündigungswelle ebenso unwirksam war.
Für AK Präsident Zangerl ist dies wieder ein wichtiger Erfolg für die Arbeitnehmer: „Uns geht es um Gerechtigkeit und darum, den Menschen einen Halt zu geben und für ihre Rechte zu sorgen. Das ist unsere Aufgabe, das haben wir einmal mehr erreicht. Und es ist ein klares Zeichen, dass man so nicht mit unseren Mitgliedern umgehen kann.“

Dritte Welle
Aber das Unternehmen will nicht aufgeben: Die über 50-jährigen Mitarbeiter wurden in einer dritten Kündigungswelle erneut gekündigt, diesmal mit vorhergehender Anzeige an das AMS. Und auch diese Kündigungen werden aktuell von der AK Tirol gerichtlich bekämpft - und zwar wegen des „verpönten Motivs“, dass die Arbeitnehmer den Arbeitgeber berechtigter Weise geklagt haben, sowie wegen Altersdiskriminierung und  wegen Sozialwidrigkeit, gibt Dr. Thomas Radner, Leiter der AK-Arbeitsrechts-Abteilung, drei Gründe an.

Coveris schreibt rote Zahlen
Auf Anfrage des Kufsteinblick gab die Coveris Management GmbH an, dass Coveris Kufstein seit einigen Jahren rote Zahlen schreibe. Um den Standort zu sichern und langfristig wieder wettbewerbsfähig zu machen, seien bereits im Jahr 2019 Maßnahmen gesetzt worden, die die Zukunft von Coveris Kufstein sichern sollen: „Die Neuaufstellung des Werkes zog auch ein paar personelle Veränderungen nach sich und betraf einige wenige Mitarbeiter der derzeit rund 270 Kollegen. Darunter waren auch Mitarbeiter über 50 Jahre. Fakt ist, dass das Aufgabengebiet dieser Kollegen in den Raster jener Jobs fielen, deren Verlust wir als Unternehmen leichter verkraften, als viele andere. Das war eine klare betriebswirtschaftliche Entscheidung. Dass uns formale Fehler passiert sind, bedauern wir sehr, es ändert aber nichts an der Tatsache der notwendigen Kündigungen“, so das Coveris Management.

Coveris in Langkampfen befindet sich schon über ein Jahr im Rechtsstreit mit der Arbeiterkammer.