Im Rahmen des Neujahrsempfangs der Wirtschaftskammer Kufstein sprachen WK-Präsident Christoph Walser sowie Bezirksstellenobmann Manfred Hautz vergangenen Mittwoch, 18. Jänner, über die aktuellen Herausforderungen der heimischen Wirtschaft.

Lt. Walser ist die Wirtschaft mit vieler positiver Energie in das Jahr 2022 gestartet, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges waren in der zweiten Jahreshälfte jedoch ganz massiv spürbar. Trotzdem steht im Jahr 2022 tirolweit insgesamt ein siebenprozentiges Wachstum zu Buche. Derzeit sei die Stimmungslage bei den Unternehmern „nicht so schlecht“, für das heurige Jahr wird ein Plus von knapp zwei Prozent prognostiziert.

Aktuelle Herausforderungen
Lieferengpässe, Inflation und massive Einschränkungen bei der Planbarkeit machen den Tiroler Betrieben derzeit zu schaffen. „Die beiden größten Herausforderungen sind jedoch eindeutig die Energiekosten und der Arbeitskräftemangel. Dazu brauchen die Betriebe die Unterstützung der Politik“, stellt Walser fest.
Der allgemeine Arbeitskräftemangel stellt die Betriebe im Bezirk Kufstein vor nur schwer kalkulierbare Herausforderungen. Ohne gegenzusteuern, führt das auf lange Sicht zu Einschränkungen der Dienstleistungsqualität und wirkt sich auch auf die Wertschöpfungskette aus.
Ganz massive Probleme gebe es vor allem im Tourismus, aber auch im Pflegebereich, in der Industrie, im Handwerk und im Gewerbe, im Handel sowie im Transportbereich fehle Personal. „Damit wir nicht ins Schleudern kommen, fordern wir vom Bund eine massive Bewegung was die Zuwanderungspolitik sowie die Kontigente der Rot-Weiß-Rot -Karte betreffen. Deutschland ist uns mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz einen Schritt voraus“, erklärt Walser. „Die Arbeitsmarktsituation betrifft nicht nur unsere touristischen Betriebe, dieses Thema schlägt auch gesellschaftlich ganz massiv ein“, berichtet Hautz von 300 fehlenden Pflegekräften.
„Aufgrund unseres stark wachsenden Wirtschaftsstandortes braucht es dringend Maßnahmen, um den Zuzug in den Bezirk für potenziell interessierte Fachkräfte attraktiv zu gestalten. In Kooperation zwischen den Gemeinden sollen darum leistbare Wohnangebote für die von der Wirtschaft dringend benötigten Mitarbeiter entstehen. Wir sind de facto bei  einer Vollbeschäftigung, es gibt niemanden mehr, der uns weiterhilft“, so Hautz.
Dazu benötige es nicht nur eine Aufstockung des Saisonkontingents, sondern auch deren  Erweiterung auf die Branchen Gewerbe und Handel. Zusätzlich brauche es auch eine Aktivierung aller verfügbaren Zielgruppen. Lt. Hautz dürfe das Thema Arbeitsintegration jedoch nicht mit dem Flüchtlingsthema vermischt werden.
Weiters kritisiert der Bezirksstellenobmann die Rahmenbedienungen - vor allem in den Tourismusbetrieben - und sieht einen Wettbewerbsnachteil gegenüber allen Nachbarländern. „Wir sind permanent beim Investieren, um den Regeln zu entsprechen“, ärgert sich Hautz über die gewerbebehördlichen Auflagen.

Raumordnung
Um den Betrieben im Bezirk Kufstein den Entwicklungsraum zu geben, den sie benötigen, wird aus Sicht von Hautz die Widmung gewerblicher Vorsorgeflächen im Bezirk dringend notwendig: „Analog zu den bestehenden landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen ist es für die Planungsverbände wichtig, Regionalprogramme für gewerbliche Vorsorgeflächen in Abstimmung mit den Gemeinden und der regionalen Wirtschaft zu entwickeln.“  Auf diese Weise sollen auch in Zukunft die Erweiterung und Ansiedlung neuer Betriebe sichergestellt werden. Zudem will sich die WK-Kufstein dafür einsetzen, dass ihren Mitgliedern der Zugang zu landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen bei Betriebserweiterungen erleichtert wird. „Wenn wir ständig verhindern, dass sich die eigenen Betriebe im Inntal noch irgendwo erweitern, weil nebenbei landwirtschaftliche Vorsorgeflächen sind, dann ist es für die Wirtschaft nicht verständlich“, nennt Hautz auch ein konkretes Beispiel: Bei einem Anlassfall in Münster kämpft ein Unternehmer seit Jahren um die Widmung von 1.400 m2 Fläche zur Erweiterung seines Betriebes.

Projekte
WK-Geschäftsstellenleiter Peter Wachter strebt mit seinem Team in Kufstein an, den Service für Betriebsübergaben auszubauen. Bei Sprechtagen sollen Übergeber sowie Übernehmer professionell beraten werden, dazu sind themenbezogene Veranstaltungen geplant.
Im Rahmen eines zweiten Schwerpunktes soll in das Projekt „Schule des Lebens“ ein „großer sechsstelliger Betrag“ investiert werden. Unter Mitwirkung der Institutionen, Unternehmer, Handwerksbetriebe, Künstler und Schulen in der Region Kufstein und  Umgebung soll ein ganzjähriges, regionales Bildungsangebot, additiv zum regulären Schulunterricht für alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 16 Jahren ausgearbeitet werden. Als Ziel des potenzial-orientierten Programms will die WK-Kufstein kritisches, fachübergreifendes und demokratisches Denken sowie selbstverantwortliches und selbstbestimmtes Handeln der Heranwachsenden im Rahmen von drei Modulen (Frühjahr, Sommer und Herbst) fördern.

Innovations.Raum.Kufstein
Weiters ist in Zusammenarbeit mit der Innovationsplattform Kufstein die Eröffnung eines Coworking-Space im Einkaufzentrum KISS Mitte des Jahres geplant. Für die Betreiberstruktur des neu entstehenden „Innovationsraums“ werden die beteiligten Akteure eine Genossenschaft gründen, an der auch die WK-Kufstein teilnehmen wird. Der entstehende Coworking-Space ist als Anlaufstelle für Jungunternehmer und ihre Themen konzipiert.


V. l.: WK-Präsident Christoph Walser sowie WK-Bezirksobmann Manfred Hautz