Direkt bei der Ortseinfahrt Thiersee ist eine zweite Bodenaushubdeponie mit einer Schüttmenge von 55.000 m3 geplant. Nachdem es gelungen ist, das Projekt vorerst zu verhindern, fällt jetzt neuerlich eine Entscheidung über die Bewilligung. Die mündliche Verhandlung dazu fand vergangenen Dienstag, 14. November statt - und begann mit einem Kuriosum.
Am 28. Februar 2020 reichte Betreiber Georg Thaler (Hurzbichl-Erdbau) das Projekt erstmals mit einem Schüttvolumen von 96.000 m3 bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ein. Schon damals wehrten sich die Gemeinde sowie die Anrainer u. a. mit einer Unterschriftenaktion gegen das Vorhaben. Nach der ersten mündlichen Verhandlung am 11. August 2022 sowie zwei negativen Stellungnahmen (Landesumweltanwalt und Amtsärztin) gab es keine Genehmigung.
Neue Einreichung, alte Vorzeichen
Am 29. März 2023 wurde das Projekt neuerlich eingereicht - diesmal mit einer geringeren Schüttmenge (55.000 m3) und einer kürzeren Laufzeit (statt 16 Jahre jetzt neun Jahre). „Der erste Versuch ist definitiv aufgrund der negativen Stellungnahme der Amtsärztin gescheitert. Von dieser wurde jetzt aufgrund der geringeren Schüttmenge aber keine Stellungnahme mehr eingeholt. Wenn eine Deponie einmal genehmigt wurde, ist eine Erweiterung nur ein Formalakt“, ärgert sich Bgm. Rainer Fankhauser über die Vorgehensweise. „Bei einem derart langzeitigen Betrieb genügt es aus Sicht der Gemeinde Thiersee nicht, nur die Stellungnahme der ESA des Landes Tirol einzuholen, sondern eine Gesundheitsgefährdung der Anrainer wäre zumindest von der zuständigen Amtsärztin zu beurteilen. Ohne diese weiteren Gutachten kann keine fundierte Entscheidung über eine Gesundheitsgefährtung und somit über eine Bewilligung für diese Deponie entschieden werden“, heißt es in der Stellungnahme von Fankhauser.
„Nachdem wir uns bereits einmal erfolgreich gegen dieses unerwünschte Projekt wehren konnten, ist es frustrierend zu sehen, wie es in einer leicht veränderten Form, jedoch mit denselben Problemen, wieder auftaucht. Dieses Mal scheinen unsere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, zudem sehr begrenzt. Wir müssen jedoch weiterhin unsere Möglichkeiten ausschöpfen, um den Tourismusstandort und die Lebensqualität in Thiersee zu schützen“, sagt Neos-GR Armin Mairhofer.
Kurioser Beginn der Verhandlung
Zu Beginn der neuerlichen mündlichen Verhandlung kam es zu einem Kuriosum: Da Georg Thaler und sein Vater nicht nur gleich heißen, sondern auch die gleiche Adresse haben, wollte der Ortschef wissen, wer denn jetzt das Projekt eingereicht habe. Zuerst gaben sich zur großen Verwunderung der rund 80 Anwesenden Vater und Sohn gegenseitig an, ehe dann nach einer internen Diskussion mit dem Anwalt der Sohn als Betreiber bestimmt wurde. Da aber das Grundstück, auf dem die Deponie geplant ist, dem Vater gehört, verlangte Fankhauser eine Vollmacht vom Sohn, die wiederum nicht vorgelegt werden konnte, aber nachgereicht wird.
Eine Stellungnahme negativ
Nachdem bei der mündlichen Verhandlung alle Stellungnahmen von den Sachverständigen positiv, lediglich jene vom Landesumweltanwalt negativ ausgefallen ist, befürchtet Fankhauser, dass die Deponie diesmal genehmigt werden könnte. Die Gemeinde, die wie die Anrainer aufgrund des vereinfachten Verfahrens (Schüttmenge unter 100.000 m3) keine Parteienstellung hat, nützte jedoch das Anhörungsrecht für eine umfangreiche Stellungnahme.
Da in der Nähe des Ortszentrums von Thiersee, rund 800 Meter von der geplanten Deponie entfernt, die Mauracher Entsorgungs GmbH seit 2012 ebenfalls eine Bodenaushubdeponie betreibt und für diese erst kürzlich um eine Erweiterung angesucht wurde, sieht Fankhauser definitiv keinen Bedarf einer zweiten Deponie im Hochtal. „Es wird eindeutig darauf abgezielt, Bodenaushub aus dem Inntal herzukarren. Dies zeigt auch eine Zeichnung beim Einreichprojekt, welche sich bei der Einfahrt auf ankommende LKW aus Kufstein konzentriert“, poltert Fankhauser. Dazu sei die Deponieerrichtung für rein wirtschaftliche Zwecke gedacht - und nicht wie angegeben zur leichteren Bewirtschaftung des Feldes.
Neben der zusätzlichen LKW-Fahrten und einer erheblichen Staub- und Lärmbelastung für die Anrainer sei kein öffentliches Interesse gegeben, weiters wäre der Schaden aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes für die nächtigungsstärkste Gemeinde im TVB Kufsteinerland auch touristisch irreparabel.
Kampf mit allen Mitteln
„Wir werden uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Deponie wehren. Nicht nur bis zur Bescheiderlassung, auch darüber hinaus“, gibt sich Fankhauser kämpferisch. Da die geplante Zufahrt zur Deponie über eine Gemeindestraße führt, beschloss der Thierseer Gemeinderat bereits am 30. Oktober mehrheitlich, ein Teilstück dieser „Lechen-Gasse“ aus dem öffentlichen Gut zu nehmen. Ziel ist es, eine private Interessentschaftsstraße mit drei Anrainern zu gründen, um den LKW´s die Zufahrt verbieten zu können. Eine weitere Option wäre lt. Fankhauser eine Tonnagebeschränkung.
Urteil vom Landesverwaltungsgericht
Lt. Fankhauser wollte Thaler westlich der geplanten Deponie auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor Kurzem eine Bauschuttrecycling- und Aufbereitungsanlage errichten. Für diese wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol aufgrund der Verkehrssicherheit keine Genehmigung erteilt. „Aus unserer Sicht wäre die Einfahrt zur Deponie jetzt gleich zu behandeln, da es sich um die selbe Kreuzung handelt und die LKW die Fahrbahn zwar nicht beim Einfahren, jedoch beim Ausfahren kreuzen müssen“, spricht Fankhauser von einem neuralgisch schwierigen Punkt im Kreuzungsbereich samt Inselanlage.
Vom Betreiber Georg Thaler ist bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme eingelangt.
Bgm. Rainer Fankhauser will sich mit allen Mitteln gegen die Deponie wehren.
„Unser Widerstand gegen das Projekt wird nicht nachlassen“, zeigt sich auch Armin Mairhofer von Neos Thiersee kämpferisch. Die Deponie soll direkt bei der Ortseinfahrt Thiersee (Hintergrund) entstehen.
Foto: NEOS Thiersee