Der Bau eines neuen Kindergartens entlang der Rupert-Hagleitner-Straße sorgt in Wörgl derzeit für heftige Diskussionen. Während die Rodungsarbeiten bereits begonnen haben, kritisieren die Wörgler Grünen das Vorgehen der Stadt scharf – vor allem wegen der Rodung mitten in der Brutzeit und der ihrer Meinung nach unzureichenden Berücksichtigung von Natur- und Artenschutz. Bgm. Michael Riedhart sieht in den entstandenen Verzögerungen vor allem die Gefährdung von dringend benötigten Betreuungsplätzen.
Kindergarten ja – aber auf welchem Grundstück?
Klar ist: Wörgl braucht dringend neue Kinderbetreuungsplätze. Uneinig ist man sich aber, wo diese entstehen sollen. „Der Gemeinderat hat sich mit knapper Mehrheit für ein Grundstück an der Rupert-Hagleitner-Straße entschieden“, so Iris Kahn (Wörgler Grüne). Ein Waldstück, das laut den Grünen als wertvoller Naturraum gilt und bereits von geschützten Arten besiedelt sei. So sei etwa ein Specht beim Brüten beobachtet worden.
„Vor 20 Jahren wurde der Großteil dieses Waldes für Wohnblöcke gerodet – mit dem Versprechen, dass der Rest erhalten bleibt“, erinnert Kahn. „Jetzt wird dieses Versprechen einfach ignoriert.“
Ein weiterer Kritikpunkt: Laut den Grünen wurde zunächst ein naturschutzrechtliches Verfahren gefordert, dann aber plötzlich darauf verzichtet. „Ein Gutachter wurde gefunden, der „kein Problem“ gesehen habe“, so Kahn. Bgm. Michael Riedhart hält dagegen: „Es wurde kein naturschutzrechtliches Verfahren vorgeschrieben. Alle notwendigen Genehmigungen liegen vor.“
Der Rodungsbescheid wurde laut Bürgermeister am 24. April rechtskräftig. Doch die Grünen verweisen auf die geltende Brutzeit, in der normalerweise nicht gerodet werden dürfe. Die Bezirkshauptmannschaft habe die Arbeiten bereits zweimal am 24. und 25. April gestoppt, so Kahn. Laut den Grünen sei das Gebiet inzwischen kurzerhand als „Forstgrundstück“ deklariert worden – ein rechtlich fragwürdiger Schachzug, wie sie meinen.
Alternativen vorhanden?
Ein weiteres Streitthema ist ein alternatives Grundstück in der Nähe des geplanten Schwimmbades, das laut den Grünen bereits letztes Jahr gesichert wurde und sich bestens für einen Kindergarten eignen würde. Bgm. Riedhart sieht das anders: „Das Grundstück ist für eine sehr dichte Bebauung ausgewiesen – mit einem zweigruppigen Kindergarten kann diese Dichte nicht erreicht werden. Dort müsste man auch Gewerbe und Wohnungen mitdenken.“ Kahn dazu: „Statt ein erschlossenes Grundstück zu nutzen, zerstört man ein Waldstück, das als Puffer gegen Lärm und Feinstaub in der Stadt dient.“
Protest und rechtliche Schritte
Am 25. April versammelten sich über 60 Personen zu einem Protest beim Waldgrundstück. Laut den Grünen sei damit ein klares Zeichen gesetzt worden. Zudem denke man eine Sachverhaltsdarstellung an die Gemeindeaufsicht und eine Prüfung durch die Staatsanwaltschaft an.
Bgm. Riedhart zeigt sich unbeeindruckt: „Auch Frau Kahn wird die demokratische Entscheidung im Gemeinderat akzeptieren müssen. Ich freue mich, dass unsere Kinder bald in einem Waldkindergarten aufwachsen dürfen – mit vielen schönen Erinnerungen.“
Erstaunt zeigte sich auch LA Zeliha Arslan (Tiroler Grüne) über den geplanten Ort für den Kindergarten: „Ich habe schon viele Waldkindergärten besucht, aber dass ein Wald abgeholzt wird, um einen Waldkindergarten zu bauen, ist mir neu.“
„Wenn durch die Verzögerungen für manche Kinder in Wörgl kein Betreuungsplatz vorhanden sein wird, können sich die Wörgler bei den Grünen bedanken“, erklärte Bgm. Riedhart in den Sozialen Medien. Die Debatte wird wohl weitergehen, auch wenn das Projekt selbst nicht mehr aufzuhalten sein wird.
Etwas über 60 Teilnehmer kamen zu einer Protestaktion. Foto: Pierzinger