Im Flüchtlingsheim Kufstein sind derzeit 83 Personen aller Altersgruppen aus 16 Nationen untergebracht. Alle haben berechtigte Furcht, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Heimatland verfolgt zu werden. Der Kufsteinblick warf einen Blick in das Leben der Flüchtlinge und traf sich mit Heimleiterin Marina Novikova und Betreuerin Claudia Vögele zum Interview.

Wann öffnete das Flüchtlingsheim Kufstein seine Pforten bzw. wer kümmert sich um die Bewohner?
2005 kamen die ersten 57 Flüchtlinge nach Kufstein. Neben der Heimleitung ist eine Betreuerin für die Bewohner verantwortlich.

Wie setzen sich die Bewohner zusammen?
In Kufstein leben derzeit zehn Familien mit 20 Kindern, dazu sechs Frauen und 38 Männer, allesamt alleinstehend.

Wie nimmt die Bevölkerung die Flüchtlinge auf bzw. was halten diese von Kufstein?
Sehr gut, die Bevölkerung ist zu den Flüchtlingen freundlich, sie haben ein Gefühl der Sicherheit und die Landschaft gefällt ihnen.

Wie lange dürfen Flüchtlinge in Österreich bleiben bzw. wann werden sie abgeschoben?
Das Asylverfahren dauert meist sehr lange. Die Flüchtlinge können über die Rot-Weiss-Rot Plus Karte einen Antrag stellen, um in Österreich bleiben zu dürfen bzw. zu arbeiten. Kriterien für einen positiven Bescheid sind ausreichende Deutschkenntnisse, der Nachweis bisheriger gemeinnütziger Tätigkeiten sowie die gelungene Integration. Seit 2005 wurden von Kufstein aus zwei Personen abgeschoben.

Was passiert nach einem positiven Bescheid?
In Zusammenarbeit mit der Caritas werden die Flüchtlinge in vier Monaten auf ihr eigenes Leben vorbereitet. Wir stehen aber auch danach mit Rat und Tat zur Seite.

Auf welchem Raum leben die Flüchtlinge bzw. wieviel Geld haben sie zur Verfügung?
In Kufstein lebt jeder Flüchtling auf ca. 9 m2. Alleinstehende haben pro Monat € 240,- zur Verfügung, das setzt sich aus € 40,- Taschengeld sowie € 200,- Verpflegungsgeld zusammen. Eine Familie mit zwei Kindern  bekommt zum Beispiel € 660,- pro Monat.

Dürfen bzw. möchten die Flüchtlinge arbeiten?
Sie dürfen nicht normal arbeiten. Erlaubt sind ausschließlich gemeinnützige Arbeiten um € 3,- pro Stunde. Zur Zeit sind 43 Flüchtlinge regelmäßig (20 Stunden/Woche) gemeinnützig tätig, es fehlen aber noch ca. zehn Arbeitsplätze. Alle freuen sich, wenn Arbeit da ist. Es gibt sogar eine Warteliste wo geregelt ist, wer als nächstes eine Arbeit bekommt. Die Flüchtlinge sind also keine zukünftigen Sozialschmarotzer. Sie alle versuchen, eine neue Heimat zu finden und möchten sich integrieren.

Wie werden die Kinder in der Schule aufgenommen?
Die Kufsteiner Schulen sind extrem solidarisch und für uns ein Geschenk. Die Flüchtlingskinder werden sehr gut integriert. Es kommt sogar vor, dass die Schüler zusammenlegen, um den Flüchtlingen die Teilnahme an den Ausflügen zu ermöglichen.

Wie läuft die Verständigung, bzw. wie schnell erlernen die Flüchtlinge die deutsche Sprache?
Da wir viele verschiedene Nationen im Haus haben, dienen die Bewohner oft als Übersetzer. Sie alle sind jedoch sehr engagiert, schnellstmöglich Deutsch zu lernen. Zweimal pro Woche unterrichtet eine Lehrerin vom Land Tirol Deutsch für jeweils zwei Stunden. Die Bewohner sind dabei in zwei Schwierigkeitsstufen eingeteilt. Weiters nutzen viele das ABC-Café oder bezahlen für Kurse, um die Deutschkenntnisse aufzubessern. Manche haben sogar schon für die Polizei und das Rote Kreuz gedolmetscht.

Gibt es Flüchtlinge, die straffällig werden, bzw. was passiert mit diesen?
Ganz wenige. Wenn jemand straffällig wird, reagieren die Beamten blitzschnell. Meist werden die Flüchtlinge noch am gleichen Tag verlegt.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft bzw. was könnte besser laufen?
Es gibt schon viele freiwillge Helfer aus der Bevölkerung, die uns helfen und die Flüchtlinge unterstützen. Wir wünschen uns noch, dass Vereine auf uns zukommen und Flüchtlinge aufnehmen bzw. integrieren. Viele junge Männer spielen gerne Fußball, haben jedoch fast keine Möglichkeit dazu. Weiters wären uns zusätzliche Arbeitsplätze ein Anliegen.