Die Pächter vom Landgasthof zur Post im Thierseer Ortsteil Landl haben sich beim Land Tirol sowie beim Bund dazu bereit erklärt, Flüchtlinge unterzurbingen. Vergangenen Samstag, 23. August, vermittelte der Bund 45 Flüchtlinge ins Hochtal, die Gemeinde will die Bürger jetzt schnellstmöglich informieren.

 

Aufgrund der kritischen Lage in Syrien kommen derzeit pro Woche zwischen 400 und 550 Flüchtlinge nach Österreich, um Asyl zu beantragen. Da die Kapazitäten in ganz Österreich erschöpft sind, ist der Bund gezwungen, Flüchtlinge ohne Vorlaufzeit für die Gemeinden in geeignete Unterkünfte einzuquartieren.

Angebot vom Pächter
Die Pächter vom Landgasthof zur Post haben dem Land Tirol sowie dem Bund angeboten, in ihrem Gasthof Flüchtlinge unterzubringen und auch für deren Verköstigung zu sorgen. Da die Lage momentan so prekär ist, dass Flüchtlinge sogar in Turn- und Speisesälen nächtigen müssen, nutzt der Bund zurzeit jede Möglichkeit einer Unterbringung: „Der Druck ist extrem hoch, wir sind am Ende unserer Möglichkeiten. Es ist uns zurzeit leider nicht möglich, die Gemeinden vorab mit den nötigen Informationen zu versorgen“, so Mag. Gernot Maier vom Bundesministerium für Inneres.

Familien aus Syrien
Von den 45 untergebrachten Flüchtlingen in Landl stammt ein Großteil vom Familienverband aus Syrien, darunter sind allein 18 Kinder von 1 bis 16 Jahren. Für die Unterkunft und Verpflegung zeichnen sich die Pächter verantwortlich, sie  erhalten dafür vom Bund den gesetzlichen Grundversorgungsbeitrag von € 19,- pro Person und Tag. Dazu ist vom Bund ein Sozialarbeiter vor Ort, der u. a. bei Behördengängen und  Arztbesuchen behilflich ist. Der Vertrag läuft vorerst für drei Monate, laut Maier haben die Pächter jedoch nichts dagegen, den Gasthof längerfristig zur Verfügung zu stellen. Für den Bund ist es wichtig, die Grundversorgung für die Flüchtlinge sicherzustellen, weiters muss eine Gewerbeberechtigung vorhanden sein. Ziel ist es jetzt, diese Einrichtung schnellstmöglich dem Land Tirol zu übergeben: „Die Landesregierung überprüft derzeit diese Einrichtung. Da die Flüchtlinge meist nach 20-30 Tagen dem Land übergeben und dann für einen längeren Zeitraum untergebracht werden, gelten natürlich strengere Auswahlkriterien (intakte Infrastruktur, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, usw.),“ bekräftigt Maier. Sollte das Land Tirol diese Einrichtung ablehnen, bleiben die Flüchtlinge solange in der Obhut des Bundes, bis eine geeignete Lösung gefunden wird.

„Haben keinen Einfluss“
Der Thierseer Bürgermeister Hannes Juffinger möchte nun die Bevölkerung schnellstmöglich informieren: „Die erste Anfrage vom Land Tirol kam vor zwei Wochen. Ich habe jedoch erst vergangenen Freitag davon erfahren, dass am Samstag vom Bund 45 Flüchtlinge nach Thiersee kommen“, zeigte sich Juffinger überrascht. Tatsächlich ist es so, dass die Gemeinde rechtlich keinen Einfluss darauf hat, ob im Ort Flüchtlinge untergebracht werden oder nicht. Juffinger will die Gemeindebürger jetzt schnellstmöglich mit einem Postwurf über die Lage informieren: „Ich hoffe, dass mit den entsprechenden Informationen die größten Bedenken der Bürger ausgeräumt werden.“

Asylverfahren
Ein Flüchtling ist eine Person, die „…aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann. Bei der Ankunft in Österreich gehen alle Flüchtlinge direkt zur Polizei, um sich mit Foto und Fingerabdruck registrieren zu lassen. Wie lange es dauert, bis ein Flüchtling einen positiven bzw. negativen Asylbescheid erhält, hängt vom jeweiligen Herkunftsland ab. Momentan ist es z. B. kein Thema, Syrer in ihr Heimatland abzuschieben. Bei einem rechtskräftigen, negativen Bescheid muss ein Flüchtling unser Land verlassen. Wenn dies freiwillig geschieht, zahlt der Bund das Flugticket in das Heimatland. Dazu erhält der Flüchtling eine Starthilfe von bis zu € 350,-. Ansonsten erfolgt eine Abschiebung, wobei der jeweilige Flüchtling auf dem Weg in sein Heimatland begleitet wird.
Für Kinder tritt nach sechs Monaten Aufenthalt in Österreich die Schulpflicht in Kraft, wobei die Kinder bereits vorher freiwillig in die Schule gehen dürfen.

Wovon leben Flüchtlinge?
Alleinstehende mit Selbstverpflegung haben pro Monat € 240,- zur Verfügung, das setzt sich aus € 40,- Taschengeld sowie € 200,- Verpflegungsgeld zusammen. Eine Familie mit zwei Kindern  bekommt zum Beispiel € 660,- pro Monat. In Thiersee übernehmen die Pächter die Verpflegung, Hygieneartikel, Kleidung etc. werden vom Bund gestellt. Damit bekommen die Thierseer Flüchtlinge pro Monat lediglich € 40,- Taschengeld.


 

Kommentar von Werner Wundara

Dass in Thiersee ohne jegliche Vorinformation an die Bevölkerung 45 Flüchtlinge aufgenommen wurden, überrascht wahrscheinlich so manchen Gemeindebürger. Dem Bundesministerium sind jedoch die Hände gebunden, da zurzeit jede Woche an die 500 Flüchtlinge nach Österreich kommen und die vorhandenen Kapazitäten vorne und hinten nicht mehr ausreichen. Sobald dann eine geeignete Unterkunft mit vorhandener Genehmigung angeboten wird, kann bzw. muss der Bund derzeit diese Möglichkeiten sofort nutzen. Dass dies ohne Vorlaufzeit bzw. ohne Zustimmung der Gemeinde geschieht ist vielleicht umstritten, in dieser Situation jedoch die einzige Lösung. Der Bevölkerung bleibt jetzt wohl nichts anders übrig, als sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und die Flüchtlinge zu akzeptieren. Meiner Meinung nach ist dabei ganz wichtig, die zahlreichen Vorurteile zu diesem sensiblen Thema abzulegen und diesen Leuten vorbehaltsfrei zu begegnen. Denn jeder Mensch hat eine Chance verdient ...